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>> Jonathan Heidorn, Theaterregisseur und Musiker

Sind die Planer*innen für die Zukunftsgestaltung überhaupt relevant? Welche Handlungsfelder müssen fokussiert werden, um eine bedeutsame Rolle innerhalb unserer Gesellschaft zu spielen?

Um die Zukunft zu gestalten, muss das Heute beobachtet werden. Wir stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen und gleichzeitig scheinen die Möglichkeiten des Machbaren immer vielfältiger zu werden. Unsere Gesellschaft bewegt sich in unterschiedliche Richtungen und unsere Umwelt steht am Rande des Kollaps. Die drängenste Frage lautet daher: Wo finden wir wieder zueinander?

Gelingt es uns nicht den Erhalt der Natur und Artenvielfalt zu sichern, so wird es uns auch nicht gelingen, uns selbst zu erhalten. Der Mensch kann nur zusammen mit der Natur überleben.

Die Planer*innen der Zukunft werden dieses Bewusstsein in ihre Arbeit einfließen lassen müssen. Bauten, die nicht Raum für Mensch und Natur bieten, kann es nicht länger geben. Die Natur darf dabei nicht als bloße Dekoration betrachtet werden. Der Mensch hat die Verantwortung, seinen Raum mit ihr zu teilen. Beim Planen der Häuser, Plätze und Städte der Zukunft nur an den Menschen zu denken, wird den Menschen beenden. Noch haben die Planer*innen der Zukunft die Chance darauf einzugehen. Dort, wo die Großstadt heute noch grau wirkt, soll bald etwas wachsen und blühen.

Wege, Plätze und Gebäude, die von allen genutzt werden, sind all zu oft neutrale, glatte Oberflächen. Von ihnen geht der Schein aus, sie wären modern und zeitlos. Doch dahinter wird sichtbar, dass sie austauschbar und bedeutungsleer sind. In ihnen lebt und wächst nichts. Sie bieten niemandem eine Identifikation oder Inspiration. Sie werden schnell durchquert und vergessen. Die Planer*innen der Zukunft dürfen in ihren Entwürfen mutiger sein. Das Ziel, Orte zu bilden, die für alle zugänglich sind und keine Hürden darstellen, muss noch intensiver verfolgt werden. Sie dürfen aber einen Raum entwerfen, der ästhetisch gefällt und nicht gefällt. Der Menschen etwas bedeutet, während andere ihn nur in seiner Funktion nutzen. Das Glatte hat ausgedient.

Der Anspruch, für alle gleichermaßen zu planen, Orte zu bauen, die von allen gleich wahrgenommen und empfunden werden, führt in die Bedeutungslosigkeit. Die Architektur der Zukunft sollte sich von diesem Anspruch auf ästhetische Universalität lösen. Nur so können Orte entstehen, die zu einem Austausch beitragen.

Die Gesellschaft entsteht in Räumen, in denen Menschen zusammenkommen und ihre unterschiedlichen Perspektiven teilen. Räume zu kreieren, die ein Zusammenkommen ermöglichen und fördern, ist meiner Meinung nach eine der wichtigsten Aufgaben der Planer*innen der Zukunft. Sie müssen Orte konzipieren, die den Menschen nicht in die Anonymität und Einsamkeit führen, sondern ihn auf andere Menschen treffen lässt. Ein Auseinanderdriften der Gesellschaft wird nicht in digitalen Räumen überwunden werden können, sondern im realen Aufeinandertreffen und im Dialog.

Dafür müssen die Planer*innen der Zukunft in die Städte gehen und untersuchen, wo sich diverse Menschengruppen begegnen, wo sie sich wohl fühlen, in Kontakt treten und zusammen bleiben. Sie müssen Dialogräume stärker denn je in ihrer Planung mitdenken und mit dem Bild der anonymen Großstadt brechen. Die größte Stärke einer Gesellschaft ist ihre Vielfältigkeit. Und so sollten auch die Bauten der Zukunft sich voneinander unterscheiden, divers sein und die Vielfalt der um und in ihr lebenden Menschen fördern.