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Flächen im Bauordnungsrecht – das Umweltministerium stellt klar

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Durch die Anfrage eines Mitglieds wurde die Architektenkammer Niedersachsen auf eine unklare Thematik im Bauordnungsrecht aufmerksam gemacht. Es geht um die verschiedenen Flächenbegriffe.

Die NBauO verwendet den Begriff der Grundfläche. Hierzu findet sich eine Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 3 Satz 5 NBauO. Wie der Kommentierung zur NBauO zu entnehmen ist (Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Auflage, § 2 Rn 52) wurde im Rahmen der Begründung zur NBauO 2012 erwähnt, dass für die Berechnung die DIN 277 maßgeblich sein soll. Allerdings enthält auch § 3 der Wohnflächenverordnung eine Regelung zur Grundfläche – mit erheblichen Abweichungen von der DIN 277. Eine Sonderregelung befindet sich in § 43 Abs. 1 Satz 2 NBauO. Danach bleiben bei Aufenthaltsräumen Raumteile mit einer lichten Höhe bis zu 1,50 m bei der Berechnung der Grundfläche außer Betracht.

Daneben findet sich in der NBauO sowie in dem Erlass zu § 47 NBauO der Begriff der Nutzfläche (z. B. § 49 Abs. 2 Nr. 10 NBauO, § 65 Abs. 3 Nr. 2 NBauO). Eine Begriffsdefinition für die Nutzfläche enthält die NBauO nicht. Bis 2016 existierte dieser Begriff in der DIN 277. Aktuell verwendet die DIN den Begriff Nutzungsfläche.

In den Richtzahlen für den Einstellplatzbedarf wird darüber hinaus noch der Begriff der Verkaufsnutzfläche verwendet. Dieser Begriff existiert weder in der NBauO noch in der DIN 277. Der Begriff der Verkaufsfläche ist eher bekannt aus der Literatur und Rechtsprechung zur Baunutzungsverordnung im Hinblick auf großflächige Einzelhandelsbetriebe (z.B. § 11 Abs. 3 BauNVO).

Da es für die Anwendung der betreffenden Vorschriften von erheblicher Bedeutung ist, wie der jeweilige Flächenbegriff zu verstehen bzw. die Fläche zu berechnen ist, hat sich die Kammer an das zuständige Umweltministerium (MU) mit der Bitte um Beantwortung folgender Fragen gewandt:

  1. Sind die Grundfläche und die Nutzfläche gemäß DIN 277 zu berechnen?
  2. Welche Fassung der DIN 277 ist zu verwenden? Diese Frage stellt sich vor dem Hintergrund, dass die DIN 277 in 2016 novelliert wurde. Der Begriff der Nutzfläche wurde durch den der Nutzungsfläche ersetzt. Die Architektenkammer Bayern vertritt die Auffassung, dass im Rahmen des bayerischen Bauordnungsrechtes die Fassung der DIN 277 aus Februar 2005 anzuwenden ist (https://www.byak.de/data/pdfs/Recht/Merkblaetter/M_Flaechenberechnung_byak.pdf).
  3. Wie berechnet sich die Verkaufsnutzfläche?

Hierzu äußerte sich das MU wie folgt:

Zu Frage 1:

Die Grundfläche im Sinne der Niedersächsische Bauordnung (NBauO) ist die Brutto-Grundfläche; bei der Berechnung der Grundfläche nach § 2 Abs. 3 Sätze 1 und 2 NBauO bleiben Flächen in Kellergeschossen außer Betracht (§ 2 Abs. 3 Satz 5 NBauO). Satz 5 Halbsatz 1 definiert die Grundflächen der Nutzungseinheiten, soweit die NBauO diesen Begriff verwendet, einheitlich als die Brutto-Grundflächen. Dieser Begriff ist den Entwurfsverfassern geläufig und durch die DIN 277 unterlegt (BegrRegE NBauO 2012, LT-Drs. 16/3195, S. 68). Entsprechend verhält es sich mit § 2 Abs. 3 Satz 3 MBO bzw. mit deren Begründung, Fassung 2002, die ausdrücklich auf die DIN 277 abstellt.

Flächenangaben nach § 2 Abs. 3 Satz 5 NBauO beziehen sich auf die Brutto-Grundfläche nach DIN 277, soweit nichts anderes geregelt ist. Für die Verwendung des Begriffes Nutzfläche im Sinne der NBauO gilt dies ebenso.

Hinsichtlich bauordnungsrechtlicher Anforderungen haben die Regelung zur Ermittlung der Grundfläche nach der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung) keine Relevanz.

Zu Frage 2:

Sind nach der NBauO oder sonstigen Verordnungen im Zusammenhang mit der NBauO Flächen analog DIN 277 zu berechnen, dann ist kein Grund erkennbar, warum die neue Fassung Januar 2016 der DIN 277 nicht sachgerecht anwendbar ist. Der Begriff Brutto-Grundfläche wird in der DIN 277 Fassung Januar 2016 im Ergebnis nicht anders definiert als bisher in der DIN 277 Fassung Februar 2005. Dies gilt auch für den alten Begriff Nutzfläche, der inhaltlich gleich in dem neuen Begriff Nutzungsfläche aufgegangen ist.

Zu Frage 3:

Der Begriff Verkaufsnutzfläche in den Runderlassen zu § 47 NBauO entspricht dem möglichst einheitlichen Vokabular bei unterschiedlichen Nutzungen in einem Gebäude. Zur Berechnung der Verkaufsnutzfläche i. S. der Ausführungsempfehlungen zu § 47 NBauO kann auf die Ausführungen des BVerwG im Urteil vom 24.11.2005 – 4 C 10/04 (www.bverwg.de/241105U4C10.04.0) zu § 11 BauNVO verwiesen werden, so dass kein Unterschied zwischen den beiden Begriffen Verkaufsnutzfläche und Verkaufsfläche zu sehen ist.